Judentum, Juden Bezeichnung für die Religion des Volkes Israel sowie für die Gesamtheit derer, die ihr als ethnische und religiöse Gemeinschaft angehören. Grundlehren: Religiöses
Leben: Geschichte
des Judentums: Talmudische Zeit (70 bis etwa 640): Nach der Niederlage von 70 organisierte sich das palästinensische Judentum neu. 132–135 kam es unter Bar Kochba noch einmal zu einer vergeblichen Erhebung gegen Rom. Doch wurde dem Judentum eine Selbstverwaltung eingeräumt, bestehend aus dem Synedrium unter Vorsitz des Nasi (Patriarch), des jüdischen Oberhauptes im Römischen Reich. Um 200 entstand die Mischna. Die auf ihr aufbauende religionsgesetzliche Tradition fand im 5. und 6. Jh. im Talmud ihren schriftlichen Niederschlag. Mit seinen großen Talmudschulen übernahm vom späten 3. Jh. an das babylonische Judentum für einige Jahrhundert die Führungsrolle. Mittelalter und frühe Neuzeit: Durch engen Kontakt zur islamischen Umwelt entstand ab dem 7. Jh. eine an der antiken Philosophie orientierte jüdische Theologie und Philosophie, eine hebräische Sprach-Wissenschaft und Poetik. Das jüdische Recht wurde besonders im 7. und 8. Jh. in Babylonien, im übrigen arabischen Raum (mit Ausstrahlungen nach Frankreich und Italien) vor allem im 11. bis 13. Jh. durch Talmudkommentare und Kompendien systematisiert. – In Spanien wurden die Juden nach dem Ende der Reconquista 1492 zur Auswanderung gezwungen (Osmanisches Reich, Maghreb) oder zwangsgetauft, in Frankreich wurden sie 1394 endgültig des Landes verwiesen. Blutige Verfolgungen hatte es in Europa zuvor anlässlich der Kreuzzüge (ab 1096) und der Pest (ab 1348/49) gegeben. Vielfach wurden Judenordnungen erlassen, die die persönliche Bewegungsfreiheit einschränkten und Sondersteuern, Kennzeichnung durch Abzeichen und in Städten vom 16. Jh. an das Wohnen in gesonderten Straßen (Ghettos) vorschrieben. In West-Europa lebten die Juden überwiegend vom Waren- und Geldhandel, in Ost-Europa standen ihnen auch handwerkliche Berufe offen. Seit dem 13. Jh. entwickelte sich der Gedanke der Kammerknechtschaft der Juden, deren Ansiedlung zum verkäuflichen Hoheitsrecht des Königs wurde (Schutzbrief). – Dem auch im Judentum aufkommenden Rationalismus versuchten die Kabbala und später der osteuropäische Chassidismus zu begegnen. 18.–20. Jahrhundert: Die Erschütterung durch den Sabbatianismus bereitete im Judentum Mittel- und West-Europas den Boden für die Aufklärung, deren Ziele (Regeneration der hebrischen Sprache und Literatur, gegenwartsbezogene Erziehung, Assimilation) jedoch nicht ohne innerjüdischen Widerstand blieben. Die bürgerliche Gleichstellung der Juden wurde Ende des 18. Jh. in den USA, Frankreich und den Niederlanden erreicht. Die deutschen Staaten verfolgten eine Erziehungspolitik (Berufsumschichtung, schrittweise Assimilation), die erst in den 1860er-Jahren zur endgültigen rechtlichen Gleichstellung führte. Nach 1881 vollzog sich nach mehrfachen blutigen Pogromen und auf dem Hintergrund einer schweren Wirtschaftskrise eine Massenauswanderung osteuropäischer Juden nach Amerika, West-Europa und Australien. In Ost-Europa sahen sich die Juden mehrheitlich als nationale Minderheit (Bundisten, Zionisten), als Orthodoxe (Chassidismus, Mussar-Bewegung) oder als Staatsbürger mosaischer Herkunft. – Mitte des 19. Jh. entstand mit dem rassistischen Antisemitismus eine neue Qualität der Feindschaft gegen die nun als Rasse definierten Juden, denen man keine Möglichkeit zur Assimilation in die christliche geprägte Mehrheitsgesellschaft einräumte. In dieser Tradition stehend, verfolgte das national-sozialistische Schreckensregime die Juden als rassisch minderwertig und staatsfeindlich: Nach 1933 wurden die Juden aus dem Beamtentum entfernt, die Nürnberger Gesetze legalisierten 1935 die Diffamierung (Judengesetze), in der Reichspogromnacht wurden 1938 fast alle Synagogen in Brand gesteckt, 1941 wurde den nunmehr aus dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichem Leben ausgeschalteten Juden das Tragen des Judensterns befohlen; nach 1940 wurden zwei Drittel der europäischen Juden (etwa 6 Mio. Menschen) von den Nationalsozialisten und ihren Kollaborateuren im Rahmen der Endlösung auf bestialische Weise ermordet. – Die seit Ende des 19. Jh. gehegten Autonomiehoffnungen nach einer gesicherten Heimstätte in Palästina (Zionismus) verwirklichten sich 1948 mit der Gründung des Staates Israel. Christentum, Christen Bezeichnung für die Gesamtheit der Anhänger des in Lehre, Ethik und Weltdeutung auf Jesus Christus zurückgehenden christlichen Glaubens sowie für diesen Glauben (Religion) selbst. Die Anhänger des Christentums sind in zahlreichen und unterschiedlichen Gemeinschaften und Organisationen zusammengeschlossen. Die größten organisierten christlichen Gemeinschaften sind die katholische Kirche, die aus der Reformation hervorgegangenen protestantischen Kirchen und die orthodoxen Kirchen (orientalische Kirchen). Die Zahl der Anhänger des Christentums wird auf etwa 1,9 Mrd. geschätzt. Fast 60 % sind katholisch, beinahe 20 % gehören den evangelischen Kirchen an, die restlichen sind den anglikanischen, den orthodoxen oder unabhängigen Kirchen zuzurechnen. Wesen
und Lehre: Geschichte: Die Zeit des Römischen Reiches: Im Römischen Reich galt die christliche Gemeinde zunächst als eine jüdische Sekte, der jedoch bald wegen der Weigerung, den Kaiserkult zu vollziehen, die religiösen und rechtlichen Privilegien entzogen wurden; es kam zu den Christenverfolgungen. Durch das Toleranzedikt von Mailand von 313 wurde das Christentum schließlich zur allein berechtigten Religion im Reich, wodurch eine vom Reich abhängige Reichskirche entstand. Diese Entwicklung wurde endgültig besiegelt, als der oströmische Kaiser Theodosius I. 380 die christliche Kirche zur Staatskirche erklärte. Mittelalter: Nach dem Übergang des christlichen Glaubens auf die germanischen, romanischen und slawischen Völker entwickelten sich die Auffassungen in West und Ost vor allem hinsichtlich der Oberhoheit des römischen Bischofs (des Papstes) so unterschiedlich, dass es 1054 zur bis heute bestehenden Spaltung der Kirche kam (morgenländisches Schisma). Seit dem Mittelalter prägte das Christentum die europäische Kultur entscheidend; Welt, Mensch und Gesellschaft wurden zunächst sakral gedeutet. Die mittelalterliche Gesellschaft bildete – unter dem Einfluss germanischen Denkens – ein rigides Feudalsystem aus, das mit dem Zusammenwachsen zu einer universalen abendländischen Kultur in einem universalen Kaiser- und Papsttum gipfelte, deren Machtbereiche nach dem Investiturstreit geschieden wurden. Hiermit war der Grund gelegt für den Zerfall der universalen christlichen Kultur im späten Mittelalter: Nationalstaaten begannen eigene Interessen zu verfolgen, die Wissenschaften lösten sich vom Primat der Theologie, Reformbewegungen des christlichen Lebens trat die Kirche mit Zulassung (etwa der Bettelorden) oder Verfolgung durch die Inquisition entgegen. Neuzeit: Durch die Kritik der Reformatoren (vor allem Luther, Zwingli, Calvin) kam es im Verlauf der Reformation zur grundlegenden Umbildung der gesamten westlichen Kirche, die protestantischen bzw. evangelischen Kirchen entstanden. In England kam es nach der Verwerfung der obersten Leitungsgewalt des Papstes zur Entstehung der anglikanischen Kirche. Die Reformation löste die Gegenreformation und die katholische Erneuerung aus, in deren Mittelpunkt das Konzil von Trient (1545–63; Tridentinum) stand. Im Anschluss und im Zusammenhang mit der politischen Expansion der europäischen Mächte (Kolonialismus und Imperialismus) kam es sowohl zur religiösen Legitimation des Kolonialismus wie auch zum erheblichen Widerstand der Missionen gegen kolonialistische Unterdrückung und Ausbeutung. Die in diesem Zusammenhang notwendige Auseinandersetzung mit fremden Religionen und jeweils anderen christlichen Konfessionen führte zur Besinnung auf das Gemeinsame unter den christllichen Konfessionen und schließlich (Ende des 19./Anfang des 20. Jh.) zur ökumenischen Bewegung. Islam, Muslime [arab. völlige Ergebung (in Gottes Willen)], die jüngste der drei Weltreligionen, gestiftet von Mohammed. Die Anhänger des Islam, weltweit etwa 1 Mrd. Menschen, nennen sich Muslime. Der Islam ist heute die vorherrschende Religion im Vorderen Orient, Nord-Afrika, Pakistan, Irak, Iran und Indonesien. Starke muslimische Gemeinschaften leben in Albanien, Bosnien und Herzegowina, Zentralasien, Indien, China, auf den Philippinen und in vielen Ländern Afrikas. In fast allen Ländern mit überwiegend muslimischer Bevölkerung ist der Islam Staatsreligion. Grundlehren: Der Islam ist wesentlich Gesetzesreligion. Auf der Grundlage des Korans und des im Hadith überlieferten exemplarischen Handelns des Propheten (Sunna) entwarfen die islamischen Rechtsgelehrten eine umfassende Lehre gottgewollten Verhaltens (Scharia), die außer Rechtsnormen auch Kultvorschriften, ethische Normen und Verhaltensregeln umfasst. Dem Gläubigen sind fünf Hauptpflichten (Säulen des Islam) vorgeschrieben: Schahada (das Glaubensbekenntnis Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist der Gesandte Gottes), Salat (das fünfmal täglich stattfindende Gebet), Zakat (Almosengeben), Saum (das Fasten während des Monats Ramadan) und die Hadjdj, die Pilgerfahrt nach Mekka, die einmal im Leben ausgeführt werden soll. Wein, Schweinefleisch und Glücksspiel sind im Islam verboten. Der Koran beschränkt die Polygamie auf vier Ehefrauen. Die islamische Glaubensgemeinschaft ist zum Glaubenskrieg (Djihad) verpflichtet. Der Islam kennt weder einen besonderen Priesterstand noch Kult noch oberste Autorität, da die Regelungen des Koran und der Scharia gelten; die wichtigste Gruppe von Repräsentanten der Religion sind die Gelehrten (Ulema). Als zentrales Heiligtum gilt der Schwarze Stein (die Kaaba) in Mekka; daneben sind Medina und Jerusalem Wallfahrtsorte. Die Moschee ist Stätte des Gebets und der Lehre. Aus altorientalischem Brauchtum übernahm der Islam die Beschneidung und den Frauenschleier. Geschichte: Die Nachfolger Mohammeds, die Kalifen, unterwarfen in wenigen Jahrzehnten den Vorderen Orient von Marokko bis Transoxanien und eroberten im 8. Jh. Spanien; der kurzzeitige Griff über die Pyrenäen scheiterte 732. Nach dem Niedergang des Kalifenreichs begann im 10. Jh. die Islamisierung der Türken Zentralasiens, im 11. Jh. die muslimische Herrschaft in Indien. Das Osmanische Reich vernichtete durch die Einnahme Konstantinopels 1453 das Byzantinische Reich und trug den Islam über den Balkan weit nach Europa (1529 und 1683 bis vor Wien). Im Malaiischen Archipel wurde der Islam vorwiegend durch Händler verbreitet (12.–15. Jh.), ebenso in Schwarzafrika seit dem 9. Jh.; eine organisierte islamische Mission entstand erst im 20. Jh. in Reaktion auf die christliche Mission. Um die Wende zum 19. Jh. begann sich die islamische Welt angesichts der politischen und ökonomischen Übermacht europäischer Staaten, unter deren direkte Kolonialherrschaft sie größtenteils geriet, der moderneren westlichen Zivilisation allmählich zu öffnen. Dieser Prozess der Verwestlichung zog im späten 19. Jh. einerseits einen auf weitere Reformen drängenden Modernismus nach sich, andererseits die Ideologie des Panislamismus, der das europäische Joch durch Vereinigung aller Muslime und Rückbesinnung auf die zivilisatorischen Kräfte der islamischen Religion abzuschütteln strebte. Seit den 1960er-Jahren geriet die gesamte islamische Welt unter den Einfluss eines Fundamentalismus, dessen Ziel der Reislamisierung sich auf das staatliche und gesellschaftliche Leben in ihr bezieht, wozu eine rigorose Wendung gegen als säkularistisch und modernistisch empfundene Tendenzen in diesem Bereich gehört. |
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Infos: LexiRom Lexikon |
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